
Wertschöpfung mit CO₂
Neue Geschäftsmodelle für CCUS beleben eine lange unterschätzte Schlüsseltechnologie der Klimaneutralität
Was ist CCUS?
Carbon Capture, Utilisation and Storage (CCUS) beschreibt ein Bündel von Technologien, mit denen Kohlendioxid (CO₂) aus industriellen Prozessen abgeschieden wird – bevor es in die Atmosphäre gelangt. Das abgeschiedene CO₂ kann entweder weiterverwendet werden, etwa als Ausgangsstoff in industriellen Anwendungen, oder dauerhaft gespeichert werden, um Emissionen langfristig zu vermeiden. Die CCUS-Wertschöpfungskette besteht im Wesentlichen aus fünf zentralen Elementen.
Die Wertschöpfungskette ist komplex – aber nicht neu
Jeder Teil der CCUS-Kette ist für sich genommen ein eigenes Technologiefeld mit spezifischen Entwicklungspfaden, Werttreibern und wirtschaftlichem Potenzial.
Die einzelnen Komponenten dieser Kette gibt es jedoch schon seit Jahrzehnten: Die Abscheidung von CO₂ im industriellen Maßstab ist seit fast 100 Jahren gängige Praxis, etwa in der Düngemittelproduktion, der Gasaufbereitung oder der Petrochemie.
Weltweit werden heute jährlich etwa 300 bis 400 Millionen Tonnen CO₂ an Industrieanlagen abgeschieden – ein Großteil wird direkt vor Ort weiterverwendet, aber Millionen Tonnen werden auch per Pipeline oder Lkw transportiert.
Auch die geologische Speicherung ist keine neue Idee: In den USA wird seit den 1970er-Jahren im sogenannten „Enhanced Oil Recovery“ Prozess CO₂ in Ölfelder eingebracht, um die Förderausbeute zu steigern.
Was heute neu ist, sind die Größenordnungen, in denen CCUS-Projekte umgesetzt werden – teils um den Faktor 10 oder 100 größer als bisher –, sowie neue Akteure und Geschäftsmodelle, die verschiedene Teile der Wertschöpfungskette verknüpfen und CCUS wirtschaftlich attraktiver machen.
CCUS-Wertschöpfungskettte

CCUS als Schlüsseltechnologie der Klimaneutralität

Zentrale Anwendungsfelder und Geschäftsmodelle
CCUS ist nicht die zentrale Lösung der Energiewende – und ersetzt auch keine Maßnahmen in Bereichen wie Erneuerbare Energien, Elektrifizierung oder Energieeffizienz. Aber: In fast allen Klimaschutz-Szenarien, die das 1,5-Grad-Ziel ernst nehmen, spielt CCUS eine wichtige Rolle – insbesondere in Sektoren, in denen Emissionen schwer vermeidbar sind.
Eine detaillierte Betrachtung der verschiedenen Geschäftsmodelle und Einsatzfelder findet sich in weiteren Beiträgen dieser AFRY Insights-Ausgabe.
Wie groß ist das wirtschaftliche Potenzial?
Heute ist der Markt für CCUS noch vergleichsweise klein: Im Jahr 2023 wurden weltweit rund 40 Millionen Tonnen CO₂ abgeschieden und gespeichert – in Europa waren es weniger als 5 Millionen Tonnen. Allerdings wurde die entsprechende Infrastruktur über mehr als vier Jahrzehnte hinweg aufgebaut. Nimmt man auch die Nutzung von abgeschiedenem CO₂ in der Industrie hinzu, liegt das weltweite Volumen bei etwa 300 bis 400 Millionen Tonnen pro Jahr – etwa die Hälfte davon entfällt auf die Düngemittelherstellung.
Wie sieht also die Zukunft aus? Bis 2030 könnte die globale Projektpipeline laut AFRY-Datenbanken auf rund 326 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr anwachsen. Auch andere Quellen wie die Internationale Energieagentur (IEA) oder der Global CCS Institute (GCSI) prognostizieren ein starkes Marktwachstum in den kommenden Jahren.
Wie dringend der Hochlauf ist, zeigen alle großen Klimamodelle: Die IEA rechnet mit einem Anstieg von 40 Millionen Tonnen jährlich im Jahr 2023 auf bis zu 6 Milliarden Tonnen jährlich bis 2050. Und selbst darüber hinaus wird CCUS benötigt – Szenarien des IPCC sehen für die zweite Jahrhunderthälfte sogar mehr als 10 Milliarden Tonnen CO₂-Abscheidung pro Jahr vor.
Würde der CO₂-Preis auf über 200 US-Dollar pro Tonne steigen, könnte sich ein Marktvolumen von über 2.000 Milliarden Euro jährlich ergeben – vergleichbar mit dem heutigen globalen Ölmarkt.
Auch Unternehmen positionieren sich: ExxonMobil hat im dritten Quartal 2023 das auf CO₂-Transport und -Speicherung spezialisierte US-Unternehmen Denbury für 4,5 Milliarden Euro übernommen – ein deutliches Signal. Aber auch viele andere Energieversorger und Industrieunternehmen bereiten sich auf einen schnellen Markteintritt vor.
CCUS ist keine neue Technologie – aber ihr wirtschaftliches und klimapolitisches Potenzial wurde bisher kaum ausgeschöpft. Die in AFRY Insights vorgestellten Geschäftsmodelle zeigen, wie sich das nun ändern könnte.
Angekündigte regionale Abscheidungskapazitäten bis 2030 (in Mio. Tonnen pro Jahr) inkl. biogener CO₂-Abscheidung
